Fassaden der Zeit: Münzgrabenstraße 93, 95 & 97. Teil 1: Aus zwei werden drei

Münzgrabenstraße 95, Foto Fez Brook, 2025.

Die letzten beiden Artikel standen ganz im Zeichen der Moserhofgasse. Nun richtet sich der Blick ein Stück weiter – an die Ecke Münzgrabenstraße und Moserhofgasse. Dort finden sich drei Häuser, die in enger Nachbarschaft zueinanderstehen und zugleich ein Stück Baugeschichte von Jakomini widerspiegeln: die Münzgrabenstraße 93, 95 und 97.

Wie schon in den vorangegangenen Recherchen dienen auch diesmal die Bauakten aus dem Grazer Stadtarchiv als Quelle. Sie erlauben nicht nur Einblicke in die Errichtungszeit und spätere Umbauten, sondern geben auch Hinweise auf Bauherren, Architekten und Nutzungen, die den Charakter der Gebäude im Lauf der Jahrzehnte prägten.

Ein Sängerknabe als Bauherr

Die Häuser mit den Nummern 93 bis 113, die sich entlang der Münzgrabenstraße reihen – bis 1848 galt sie als die längste Straße von Graz – entstehen im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts. Teile dieser Häuserreihe werden im Auftrag von Johann August Stöger (1791–1861) errichtet. Stöger, einst Wiener Sängerknabe und später erfolgreicher Tenor, kommt nach Graz, um von 1823 bis 1833 die Leitung des städtischen Theaters zu übernehmen. Zu dieser Zeit hat er bereits seinen Namen geändert: Geboren als Sohn eines niederösterreichischen Maurers unter dem Namen „Althaller“, macht er sich später als Stöger einen Namen in der Grazer Kulturszene.

Noch bevor die Häuserreihe vollständig ist, zeigt sich, dass einzelne Lücken bestehen, die erst in den folgenden Jahren geschlossen werden. So stehen an der Ecke Münzgrabenstraße–Moserhofgasse noch nicht die drei heute bekannten Häuser. Zu diesem Zeitpunkt existieren nur die beiden äußeren Gebäude: Münzgrabenstraße 93 und 97.

Münzgrabenstraße 99, 103 und 105

Aus zwei werden drei

Das mittlere Haus (Münzgrabenstraße 95) wird erst 1842 gebaut. Im Protokoll vom Juli wird das Vorhaben von Michael Ragam beschrieben:

 „Herr Michael Ragam gedenkt bey seinem Hause No. 338 in der Münzgrabenstrasse an der Stelle seine[s] gegenwärtigen Holzlager[s] an der Südseite des gemauerten Hauses einen ebenerdigen Zubau aufzuführen, durch welchen dieses Haus an das Nachtbarhaus des Josef Wagner No. 237 angebaut, und wodurch zwei neue Zimmer und eine Küche hergestellt, das jetzt bestehende Private sammt dem Holzlager oben an die Rückseite des Hauses in den Hof übersetzt werden soll.“

Im September 1842 ist das Haus bereits fertig errichtet. Es gibt keine Bedenken gegen den Bau. Der Neubau wird durch die Baurevision- und Sanitätskommission als zu „sogleichen Bewohnung geeignet befunden.“

Auf dem Stadtplan von Graz aus dem Jahr 1840 (Sammlung GrazMuseum) ist zwischen den Häusern mit den Nummern 338 und 337 eine Baulücke zu sehen. Das bedeutet, dass an dieser Stelle damals noch kein Gebäude stand. Im Situationsplan eines dazugehörigen Bauakts wird das Haus 337 allerdings mit der Hausnummer 237 bezeichnet. Auch so in der zitierten Stelle aus dem Akt (vgl. Zitat oben).

Antrag auf eine Falltür

Im Jahr 1842 ist die Häuserreihe damit geschlossen. Doch die Anpassungen an der Münzgrabenstraße 95 sind noch nicht abgeschlossen. Drei Jahre später erfolgen erste Veränderungen, die auch Einblicke in die Lebensumstände des damaligen Bewohners geben. Zu diesem Zeitpunkt ist Michael Ragam nicht mehr Eigentümer des Hauses, sondern Anton Himmelreich, der 1845 den Zubau von Ragam erworben hat.

Der neue Besitzer beantragt, eine Bodenfalltür einzubauen, um über eine Leiter auf den Dachboden gelangen zu können. Eine feste Stiege besitzt er nämlich nicht. Da ihm auch kein Hofanteil zusteht, kann er dort keine Stiege errichten. Zudem, so argumentiert er, sei er arm und habe noch Schulden bei Freunden, weshalb er keinen Grund erwerben könne, um die nötige Treppe zu errichten. Den Zugang zum Dachboden benötigt er jedoch, um im Brandfall überhaupt nach oben gelangen zu können.

Seinem Ansuchen wird stattgegeben – es „obwaltet keinem Anstand“, also es wird bewilligt.

Münzgrabenstraße 93, 95, 97. Foto Fez Brook, 2025

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Bald kommt:

Fassaden der Zeit: Münzgrabenstraße 93, 95 & 97. Teil 2: Hufengeklapper und Baustellenlärm

::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert