Feuerlöschrequisiten im Wohnzimmer: Hackhergasse 2

Eine Institution im Lend ist die „Drava“ Bäckerei in der Hackhergasse 2. Da ich selbst mir dort immer wieder meine Jause hole, hat das Haus meine Neugier geweckt, auch wenn es architektonisch sehr einfach wirkt: Es erinnert an eine Kinderzeichnung eines Hauses, ein Rechteck mit einem darauf gesetzten Dreieck. Aufwendige Fassadenelemente hat es nicht zu bieten. Die Hausfarbe ist in Blau gehalten und weist mit ein wenig Fantasie auf „Drava“, den Fluss „Drau“, der Slowenien durchquert und nach welchem anscheinend die Bäckerei benannt wurde.

Foto Fez Brook, 2025

Ein Bau ohne Vorkommnisse

Den Antrag auf die „Erbauung eines 1 Stock hohen Wohnhauses in Anschluße an das Haus N. 101 in der Flohgasse“ stellt im Jänner 1865 Georg Licht. Das geplante Haus, die heutige Bäckerei „Drava“, soll also an ein älteres Gebäude angebaut werden. Aus den Akten des Stadtarchivs Graz geht hervor, dass das bereits bestehende Bauwerk einem weiteren Familienmitglied gehört: So baut Georg Licht das neue Haus auf dem Grundstück seines Sohnes Johann Licht, das aus einem großen Garten und einem schmalen Gebäude an der Ecke Flohgasse (heute Bienengasse) und Kalvarienbergstraße (heute teilweise Hackhergasse) steht. Der Neubau ist nicht nur als ein Wohnhaus geplant. Vielmehr geht aus dem Bauplan hervor, dass eine Verkaufsfläche im Erdgeschoss vorgesehen ist.

Foto Fez Brook, 2025

Die Errichtung des Hauses verläuft ohne größere Vorkommnisse. Am 31. Jänner 1865 um 16:00 Uhr findet sich die „Localcommission“ beim Bauplatz ein. Sie ist zur „örtlichen Prüfung des von H. Georg Licht anher vorgelegten Projektes“ anwesend, wie es im Bauakt von 24.01.1865 heißt. Neben dem Bauführer Georg Licht sind der Viertelmeister Anton Lafan, der Baumeister Philipp Schweighofer, der Zimmermeister Anton Joh. Ohmayer und der Kaminfegemeister Alois Löcker angeführt. Amtlich wird die Errichtung des Hauses durch den Ingenieur Joses Ackerl begleitet.

Schon im Mai 1865 ist der Rohbau fertig, weswegen Georg Licht um eine Rohbaukommission bittet. Diese stellt fest, dass der Neubau „im Wesentlichen nach den Plänen und gestellten Bedingungen zur Ausführung gebracht“ wurde. Die kleinen Abweichungen vom Bauplan werden erwähnt aber akzeptiert. Aufgrund von „anhaltend günstigen Witterungsverhältnissen“ ist das Mauerwerk bereits „vollkommen ausgetrocknet“. So wird schon im Juli die Bewohnung des Hauses gestattet. Aus feuerpolizeilichen Erwägungen wird lediglich die Anbringung eines fehlenden Bodenblechs „vor der Einheize des schwedischen Ofens“ im ersten Stockwerk gefordert. „An Feuerlöschrequisiten sind beizustellen“: ein mindestens fünf Wassereimer beinhaltende Wasserbottich, sechs Feuerlöscheimer, eine kurze Leiter, zwei Krampen und zwei Schaufeln. An dieser Stelle kann nicht beantwortet werden, ob dies alles die Leseecke im Wohnzimmer schmückte oder nicht. Feuersicher wurde das Haus dadurch sicherlich.

Eine neue Warenhandlung in der Nachbarschaft

In den Bauakten wird erwähnt, dass durch die Errichtung des neuen Hauses die Demolierung des Altbaus geplant ist. Laut dem Situationsplan verstößt dieser gegen die amtliche Regulierungslinie, an der sich die Häuser orientieren müssen. Zur Demolierung scheint es aber länger nicht zu kommen. Es ist somit unklar, wann das alte Haus verschwindet. Auf einem Situationsplan aus den Bauakten eines Nachbarhauses geht jedoch hervor, dass es im Jahr 1919 noch immer steht. Da hat es aber bereits die Adresse Bienengasse 38.

Im Jahr 1869 sind somit zwei Häuser im Eigentum der Familie Licht. In diesem Jahr ist allerdings nur der Altbau amtlich bestätigt. Aus diesem Grund suchen Georg und sein Sohn Johann Licht im Juni 1869 um eine amtliche Bestätigung für den Neubau an. Zu diesem Zeitpunkt betreiben sie bereits eine „gemischte Waarenhandlung“ [sic], wie aus der Grazer „Tagespost“ vom 11. Februar 1869 zu erfahren ist. Im Adressbuch von 1867 ist auch Johann Licht bereits als Hausbesitzer der Häuser Flohgasse 101 und 101/1 vermerkt.

Anzeige, Tagespost, 14. Mai 1865, Archiv ÖNB/ ANNO

Durch die Errichtung der neuen „gemischten Waarenhandlung“ wird das Viertel „Lend Kalavarie“ um eine Institution reicher. Der wichtigste Orientierungspunkt in der Nachbarschaft bleibt aber wohl das Gasthaus „Zum Flohwirth“, nach dem die Flohgasse benannt ist. Noch um 1885 ist das Gasthaus „wegen den guten Backfischen und Backhühnern bekannt“ (Grazer Volksblatt, 28.03.1885), wobei es v.a. in der Fastenzeit stark besucht wird. Zu diesem Zeitpunkt heißt die Flohgasse längst schon Bienengasse. Es scheint auch so, dass die gemischte Warenhandlung der Familie Licht da bereits Geschichte ist.

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Eine Zusammenfassung des Artikels ist ebenfalls auf der Seite von Grazwiki zu finden. Die Bauakten sind im Stadtarchiv Graz einzusehen.

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