Die Jakoministraße ist nicht sonderlich lang. Sie ist nicht besonders attraktiv. Nicht einmal ihr Name ist kreativ. Viel zu bieten hat sie (momentan) ebenso wenig. Sie ist nur ein recht schmaler Verbindungsweg, den die Straßenbahn – immerhin zweigleisig – Richtung Liebenau/ Puntigam nimmt.
Die Verkürzung der Jakoministraße findet 1935 statt, denn bis dahin ist sie durchaus imposant. Schließlich reicht sie bis an die Gemeindegrenze von Liebenau. Gekürzt wird sie zugunsten der Conrad-von-Hötzendorf-Straße. Dabei ist ihre Umbenennung von Jakominigasse zur Jakoministraße nur wenige Jahre zuvor, nämlich 1930, wodurch sie zu einer Straße hochgestuft wird. Durch die Entstehung der Conrad-von-Hötzendorf-Straße wird sie eigentlich erneut zu einer Gasse, also zu einem engen Weg.
An dieser Stelle kann nur festgehalten werden, dass Rache süß ist – aus der Perspektive der Jakoministraße. Denn die Umbenennung der südlichen Conrad-von-Hötzendorfstraße ist seit 2022 geplant. Von der Kreuzung Fröhlichgasse bis zum Stadion soll sie nach Ivica Osim, dem ehemaligen Trainer des SK Sturm, benannt werden.* Bis jetzt trägt nur der Stadionplatz seinen Namen.** Die Conrad-von-Hötzendorfstraße heißt zur Zeit weiterhin wie bisher.
Für die Conrad-von-Hötzendorfstraße wird bereits 1986 ein Umbenennungsantrag gestellt. Der neue Name sollte Bertha-von-Suttner-Straße sein. Die Umbenennung wird nicht umgesetzt. Die ehemalige südliche Jakoministraße ist somit weiterhin nach dem antisemitischen Kriegstreiber Franz Conrad von Hötzendorf (1852 bis 1925) benannt. Ivica Osim und Bertha von Suttner teilen sich wiederum ein enges Areal um das Stadion herum: Hier befinden sich der Ivica-Osim-Platz sowie der Bertha-von Suttner-Platz. Wo welcher Platz beginnt und wo welcher endet, nun, das ist schwer nachzuvollziehen.
Die Jakoministraße selbst ist nach Caspar Andreas Edler von Jacomini (1726 bis 1805) benannt. Dieser zieht erst mit 58 Jahren nach Graz. Geboren wird er am 17. Oktober 1726 zu St. Daniel am Karst (heute Štanjel in Slowenien) nachdem er durch gewinnbringende Spekulationen zu Vermögen kommt. 1784, im Jahr seines Umzugs nach Graz, wird die steirische Hauptstadt von Kaiser Joseph II. zur „offenen Stadt“ erklärt. Befestigungsanlagen und Stadtmauern werden beseitigt, wodurch stadtnahes Land für die Besiedlung gewonnen wird. Jacomini investiert in Grundstücke vor dem Eisernen Tor mit der Absicht, auf diesem Gelände eine Vorstadt zu errichten. Ihr zentraler Platz wird der Josephplatz, der nach dem Kaiser benannt wird. Zum Jakominiplatz wird dieser 1790, also nach dem Tod von Joseph II. (1741 bis 1790): Zu diesem Zeitpunkt scheint Jacomini beliebter als der Kaiser in Graz gewesen zu sein. Nun teilt sich die Jakoministraße mit dem Jakominiplatz, dem Jakominigürtel und dem sechsten Stadtbezirk Jakomini den Namen. Vielleicht – das ist jetzt nur eine Vermutung – bezieht sich eine der Jakomini-Bezeichnungen auf den Enkel oder gleich auf die Familie von Caspar Andreas Edler von Jacomini. Sein Enkel jedenfalls, Franz Ritter von Jacomini-Holzapfel-Waasen (1790 bis 1863), war Gewerke- und Fabrikbesitzer sowie Politiker, also durchaus eine wichtige Persönlichkeit.
Die Jakoministraße entsteht somit im Zuge der Gründung der Jakominivorstadt. 1872 wird sie bis zur Fröhlichgasse, 1888 bis zum Ostbahnhof verlängert. Ihr Bild ist durch Vorstadthäuser geprägt: Es sind Wohnhäuser mit kleinen Werkstätten in den Hinterhöfen. Durch die Nähe zum Jakominiplatz sind hier auch unterschiedliche Geschäfte. Die Passagiere der Straßenbahnlinie 4 oder 5 fahren 1928 somit unter anderem an folgenden Lokalen vorbei:
Medizinaldrogerie und Fotohandlung von Rudolf Plomer (Jakominigasse 1), dem Hotel „Wilder Mann“ (Jakominigasse 3), Fotoatelier Kiefer (Jakominigasse, gegenüber dem „Wilden Mann“), Warenhaus „2×7=14“ (Jakominigasse 14), Schemmerls Gasthof „Zur Stadt Linz“ (Jakominigasse 20), Warenhaus von Emil Weiß (Jakominigasse 25), Cunos Erfurter Samenhandlung (Jakominigasse 26), Parfümerie „Kammkönig“ (Jakominigasse 28), Blumensalon von Rosa Eberwein (Jakominigasse 30), Papierhandlung Tschinkel (Jakominigasse 96) und einem Lichtspieltheater (Jakominigasse 104).
Im Jahr 2024 ist die Jakominigasse durch ein Kommen und Gehen geprägt – und zwar nicht nur der Passantinnen und Passanten. Als Geschäftsstraße hat sie scheinbar weitgehend an Bedeutung verloren. Dies und das ist noch in der Jakoministraße zu finden, aber auch leerstehende Verkaufsflächen sind nicht zu übersehen.
*Christoph Lamprecht: Ehrung für Ivica Osim. Hälfte der C.-v.-Hötzendorf-Straße wird umbenannt. In: Meinbezirk.at, 19.09.2022.
**Elisabeth Holzer-Ottawa: Ivica-Osim-Platz für Graz: „Ein Vorbild weit über den Fußball hinaus“. In: Kurier, 26.05.2023.