Grätz (Geographie) oder Gratz, an beiden Ufern der Mur, über welche drei schöne Brücken führen, die Hauptstadt von Mittelsteiermark, nach Salzburg und Insbruck gewiß die reizendste unter den deutschen Städten Oestreichs. Ihr Umfang mit Einschluß der zerstreut liegenden Vorstädte beträgt 3 Stunden und enthält 2600 Häuser mit 22 Kirchen, Kapellen und Klöstern, unter welchen sich auch 2 Frauenklöster befinden. Bemerkenswerth sind der gothische Dom zu St. Aegidi, die im ionischen Stil erbaute Katharinenkapelle oder das Mausoleum Kaiser Ferdinand’s II., dessen Gebeine hier neben denen seiner Gemahlin, seines Sohnes und seiner Mutter ruhen. Die landesfürstliche Burg, ehedem Residenz, das Universitätsgebäude, das Landhaus mit dem Rittersaal und einer alterthümlichen Rüstkammer, das Rath- und Zeughaus und die Paläste der Grafen Attems, Saurau und Herberstein sind sämmtlich Zierden der Stadt. Von den 40,000 Ew. beschäftigen sich viele mit dem lebhaften Handel in Tüchern und Kattun. Die Umgegend der Stadt, mit einer schon italienischen Vegetation, gleicht einem Garten. Die Bürgerschießstätte ist eine der schönsten in Oestreich, eben so der Feuerwerkplatz im Pumpelwaidet oder Prater. Akademien, Concerte und Tanzsäle, Theater und Redoutengebäude, Kasse- und Gasthäuser, Lustgärten und Promenaden sind zahlreich besucht. Der Schloßberg zunächst der Stadt mit Ruinen, Garten und Gängen gewährt eine doppelt entzückende Aussicht und nachbarlich reizend, liegt jenseit der Mur, der stets belebte Buchkogel, die besuchte Einöde und der Plabutsch. Grätz ist das Eldorado der meisten oestr. Pensionärs, namentlich aus dem Militärstande; denn man lebt hier, in einer gesegneten Gegend sehr billig u. entbehrt weder der Reize einer großen Stadt, noch der Annehmlichkeiten des Landlebens.
Aus: Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 500-501.