Am 08. Juni 1907 wird das Denkmal zur Erinnerung an Wilhelm Nicolaus Herzog von Württemberg (1828–1896) – im Volksmund „Belgier-Denkmal“ genannt – enthüllt. Der Standort ist der Gorbachplatz in der Nähe der Radetzkybrücke. Der Entschluss für das Denkmal fällt 1902. Wie bei Entscheidungen üblich, versucht jeder mitzureden. Beim Württemberg-Denkmal sind es zwei Obmänner des Denkmalkomitees. Streitpunkt ist die Finanzierung. Am Ende wird jedoch das Denkmal enthüllt.
Wilhelm Nicolaus Herzog von Württemberg erhält ein Denkmal für seine militärischen Verdienste. In der Morgenausgabe des Grazer Volksblattes vom 08. Juni 1907 werden in schwulstigen Worten seine Großtaten für den Ruhm Österreichs geschildert. Er wird als einer der größten Helden der Steiermark beschrieben. Als Kommandeur des Infanterie-Regimentes König der Belgier Nr. 27 (Link zur Geschichte des Regiments) nimmt er 1859 am Krieg gegen Frankreich und Piemont teil. Die Schlacht bei Magenta am 4. Juni 1859 wird zum Fundament seines Ruhms. Im Bundeskrieg gegen Dänemark 1864 wird er am 6. Februar im Gefecht bei Oeversee verwundet und gleichzeitig unsterblich.
Wilhelm Nicolaus Herzog von Württemberg wird am 20. Juli 1828 im Schloss Carlsruhe in Oberschlesien geboren. Der naturwissenschaftlich interessierte Nicolaus entscheidet sich im Sinne der familiären Tradition für eine militärische Laufbahn in der österreichischen Armee. Ein Held seiner Jugend ist Radetzky, der Waffengefährte seines Vaters ist. Seine Karriere als Soldat verläuft steil nach oben. Knapp über 30 Jahre alt wird er am 28. April 1959 zum Kommandeur des Infanterie-Regimentes König der Belgier Nr. 27 ernannt. Wenige Tage später beginnt der Krieg gegen Frankreich und Piemont. Sein in den Schlachten erworbener Ruhm ebnet ihm den Weg weiter nach oben. Bereits am 8. Februar wird er zum Generalmajor und verlässt damit das Regiment der „Belgier.“ Seine militärische Karriere in der österreichischen Armee dauert 43 Jahre.
Zur Enthüllung versammelt sich eine illustre Prominenz. Aus den Provinzen reisen Besucher und Besucherinnen an. Aus Mürzzuschlag kommt eine Abordnung von zehn Mitgliedern, die den Württemberg-Veteranenverein vertreten. Sie bringen einen Kranz mit einer schwarzgelben Schleife mit. Aus Laibach (heute Ljubjana) reisen wiederum 37 Offiziere und 240 Mann des 27. Infanterieregiments mit Musik und Fahnen an. Auch die in Grazer Garnisonen stationierten Truppen sind dabei. Auf beiden Murseiten stehen sie während der Enthüllungsfeier. Der Zugang zum Platz der Enthüllungsfeier wird ebenfalls von Soldaten bewacht. Eintritt erhalten nur die höchsten Würdenträger. Unter ihnen sind v.a. Männer, nach denen heute (noch immer) Grazer Straßen benannt sind: u.a. Chef des Generalstabs Conrad von Hötzendorf, Landeshauptmann Grad Edmund Attems, Bürgermeister Dr. Franz Graf (1837–1921), etc. Vom Letzteren ist die Rede zum Enthüllungsakt:
„Der heutige Tag, an dem die Hülle von dem Standbilde weiland Seiner königlichen Hoheit des Herzogs Wilhelm von Württemberg gefallen, ist für unsere Stadt ein hoher Festtag. Es ist für sie eine seltene Auszeichnung, das Denkmal eines der hervorragendsten österreichischen Helden, eines berühmten Heerführers und edlen Menschen auf ihrem Boden errichtet zu sehen – ein Denkmal, bei dessen Anblick die Erinnerung auflebt an all die Heldentaten, die er an der Spitze unseres heimischen Regiments vollbracht hat. Die Erinnerung an diese Heldentaten machen den heutigen Tag zu einem Ehrentage für die Mannen des Herzogs Wilhelm von Württemberg und für das Regiment König der Belgier, das unter der zielbewussten Führung seines Kommandanten für die Ehre unseres geliebten Vaterlandes gekämpft und gesiegt hat. In dem heißen, blutigen Ringen haben viele Kämpfer des Regiments den Heldentod gefunden: das Andenken an sie ist mit dem Andenken an ihren Führer für immerwährende Zeiten innig verbunden und deshalb begehen wir den heutigen Tag auch als einen Gedenktag an alle jene, die im Kampfe für das Vaterland gefallen sind und ferne von der Heimat in fremder Erde ruhen. An der heutigen Feier nimmt unsere Bevölkerung den regsten und wärmsten Anteil: diese Anteilnahme zeigt, wie sehr wir das Andenken an den gefeierten Helden in Ehren halten, und gibt beredtes Zeugnis für die hohe Wertschätzung und Anhänglichkeit, die wir unserem heimischen Regiment stets entgegengebracht haben und immer entgegenbringen werden. Im Namen der Stadtgemeinde danke ich den hochgeehrten Mitgliedern des Denkmalausschusses dafür, daß sie die steirische Landeshauptstadt als Ausstellungsort für das erzene Bildnis des Herzogs Wilhelm von Württemberg gewählt haben. Das Denkmal bildet eine neue Zierde unserer Stadt und wird ein dauerndes Gedenk- und Ehrenzeichen sein für unser heimisches Regiment und dessen einstigen, und unvergesslichen Führer. Von Stolz und Dankbarkeit erfüllt, erkläre ich, das heute enthüllte Denkmal in das Eigentum und in die Obhut der Stadt Graz zu übernehmen.“ (Grazer Tagblatt, 8. Juni 1907).
Ein Gedicht von Hans Volker zur Denkmalenthüllung unterstreicht die kitschige und kriegsverherrlichende Zeit, die ganz langsam auf den Ersten Weltkrieg zusteuert. Voller Pathos versucht der Dichter den militärischen Ruhm des Herzogs von Württemberg zu betonen:
In Graz, der schönen Murstadt, ein Dekmal sich erhebt
Von jenem kühnen Oberst, der im Gedächtnis lebt
Wohl jedem wack’ren Bürger, der Öst’erreich leibt und kennt,
Wohl jedem braven Steirer vom Belgier-Regiment.
Das war an jenem Tage, Magentas heißer Schlacht,
Sie hat den Doppeladler nur Ruhm, nicht Sieg gebracht.
Da wollt die Fahne sinken, der Oberst sprengt heran,
Trägt sie voran den Seinen auf blutgetränkter Bahn.
Und Heldenstolz im Auge, er zu den Seinen spricht:
„Soldaten, verlaßt eu’re Fahne, verlaßt den Oberst nicht!“
Da drängen uns’re Belgier in Sturm den Feind zurück,
Nichts kann die Braven schrecken, nicht Tod noch Mißgeschick.
Und wieder der Geschütze gewalt’ger Donner brüllt,
Es knattern die Gewehre, vom Pulverdampf umhüllt.
Führt wieder seine Braven der Württemberg zur Schlacht,
Als Oversee zum Ruhme den Sieg auch hat gebracht.
So steht der wack’re Oberst nun auf dem Postament
Im Ehrenkleid der Steirer vom Belgier-Regiment;
Der Säbel will er zucken kühn wider jeden Feind,
Wenn wieder blutigrot und die Kriegsfackel scheint.
Wenns wieder Österreichs Rumg und seinem Kaiser gilt,
Um blank und rein zu halten des Habsburgs Ehrenschild,
Im Denkmal zu den Steirer der Württemberger spricht:
„Soldaten, verlaßt eu’re Fahne, verlaßt den Kaiser nicht!“