Treffer ins Schwarze. Landesschießstätte Graz-Andritz

Andritz, Postkarte, gelaufen 1911 (ÖNB/AKON)

Am 14. Juni 1882 wurde die Landesschießstätte in Andritz eröffnet. Die Eröffnung fand im Zuge eines Festschießens statt. Zur Veranstaltung reisten unterschiedliche Prominenten der Zeit an. Unter den höchsten Gästen waren Erzherzog Rainer (1827–1913) sowie Prinz Alfonso (1849–1936).

Heute ist die Landesschießstätte äußerlich eher in einem schlechten Zustand. Imposant war der Bau wohl nie. In einem zur Eröffnung erschienen Artikel wird die Schießstätte als ein „netter Bau“ bezeichnet. Sie war auch nicht das erste Gebäude zum Schießvergnügen. Vielmehr wurde bereits 1795 ein solcher Bau in Gries eröffnet.

Für das Ereignis 1882 war die Landesschießstätte mit „bunter Flaggenzier“ geschmückt. Sogar ein mit Wappen und Flaggen geschmückter Triumphbogen begrüßte im Namen der damals noch freien Gemeinde Andritz die Gäste. Natürlich wurde die Eröffnungsfeier von Musik begleitet.

Im Inneren erwarteten sie „eben so geschmackvoll als entsprechend ausgestattet[e]“ Räumlichkeiten. Auf drei Marmortafeln wurde die Geschichte der Gründung erzählt. Unterschiedliche Zielscheiben waren chronologisch aufgehängt. Die älteste war aus dem Jahr 1795. Natürlich fehlten auch nicht Porträtbüsten der monarchischen Familie: Kaiser Franz Josef I., Erzherzog Rudolf und Erzherzog Johann.

Die hohen Gäste sowie die Schützen hatten Glück. Die Feierlichkeiten und das Wettschießen fanden bei einem guten Wetter statt. Die Organisatoren konnten wohl zufrieden sein. Und für die Schützen gab es auch noch Preise zu gewinnen.

Graz, Landesschießstätte, Radegunder Straße 8, 2022

Zwei Artikel zum Eröffnungsfestakt:

Grazer Volksblatt, 15. Juni 1882, Archiv ÖNB/ANNO

Das zweite steirische Bundesschießen

Lustig knattern bereits die Schüsse und während wir das schreiben, hat schon Mancher ins Schwarze getroffen und – vielleicht Einer oder der Andere auch in die Luft geschossen. Wir verraten nichts.

Die neue „Schießstätte“, welche dem und jenem zum Trotze doch sich da oben auf der Andritz erhebt, ist ein ganz netter Bau. An einem stockhohen Mitteltrakt schließen sich niedrigere Flügel und an das Ganze rückwärts eine Halle für den Schießstand an.

Heute prangt die neue Freudenstätte für ein altes Landesvergnügen in üblichen Schmucke; für ein altes Vergnügen; denn schon vor der im Oktober 1795 erbauten alten Schießstätte gab es eine solche auf dem Gries; für ein Landesvergnügen; denn man wird auf dem Lande selten einen größeren Ort ohne eine Schießstätte – wenigstens im ruinenhaften Zustande – finden. Da denke ich sogar an ein Stift, wo es sich die Herren vor vielen Jahren, in der alten, gemütlichen Zeit, recht bequem machten und von einem Kreuzgange aus zur Scheibe, die Berggelände stand, hinaufschossen.

„Aiga, rümpfe nicht das Näschen;

Löblich ist der Brauch der Alten,

Auf dem Hof zu Bodingthorpe

Soll man sie in Ehren halten.“

So heißt es in den „Dreizehnlinden“ – und an unserem Hofe hält man auch den Brauch der Alten, wie er auf der Schießstätte sich zeigt, hoch in Ehren; denn Se. Majestät lässt sich beim heutigen Feste durch Se. k. k. Hoh. den Herrn Erzherzog Rainer vertreten. Dieser kam gestern an und stieg im Hotel „Elephant“ ab. Heute morgens wurde Se. Kais. Hoheit von dem Herrn Statthalter eingeladen, auf dem Schauplatze der lustig-schönen Feier zu erscheinen. Die Schützen hat der Himmel lieb, denn gestern ließ er die Stürme sich austoben und heute hellte er selbst sich mehr und mehr auf, so dass die Eröffnungsfeier um 9 Uhr programmgemäß vollzogen werden konnte. 

Im großen Saal der Schießstätte, der mit Fahnen und Scheiben aus alter Zeit, mit den bekannten, alle möglichen heiteren Figuren zeigenden Scheiben geschmückt ist, wurden Sr. Kais. Hoheit in einem elegant eingerichteten Empfangsraume die Komitee-Mitglieder vorgestellt, worauf vor Höchstdemselben die Übernahme der Bundesfahne, Schmückung derselben durch die Fahnenmutter Frau Gräfin Meran, mit einem prachtwollen Bande unter Gesangsvorträgen durch den Männer-Gesangsverein geschah und die üblichen Reden gehalten wurden. Um 11 Uhr fielen die ersten Schüsse.

Unter den Anwesenden Nobilitäten befanden sich Se. Königl. Hoheit Prinz Alfonso, Ihre Exzellenzen die Herren: Landes-Kommandierender FZM. Freiherr von Kuhn, Landeshauptmann von Kaiserfeld und Ober-Landesgerichts-Präsident Ritter von Waser, ferner die Herren: FML. Müller, GM. Baron Urban, GM. Lenk, GM. von Ballentsits, Bürgermeister Dr. Wilh. Kienzl, Regierungsrat Barthel, Oberstaatsanwalt Graf Gleispach, Bezirkshauptmann Dr. Lautner und zahlreiche Stabs- und Oberoffiziere. Als Begleiter Sr. Kais. Hoheit war dessen Obersthofmeister Se. Exc. Herr FML. Gustav Graf Massey de Bielle anwesend. Oberschützenmeister Herr Hubmaier schloss seine Festrede mit einem dreifachen Hoch auf Se. Maj. den Kaiser, in welches die Anwesenden begeistert einstimmten.

An den nächsten Schießtagen beginnt die Arbeit schon um halb 8 Uhr und dauert bis 1 Uhr mittags; dann von 3 Uhr bis 8 Uhr abends, am Schlusstage bis 5 Uhr.

Es wird auf Bundesscheiben und auf Freischeiben geschossen. Erstere sind a) die Feldscheibe, drei Stände, 400 Schritte Distanz mit acht Besten für Höchst-, fünf Besten für Tiefschüsse und drei für Meistschüsse; b) Festscheibe, 400 Schritte Distanz; c) Standscheibe, drei Stände, 200 Schritte; d) Stand-Festscheibe, 200 Schritte. – Festscheiben sind folgende: Feldscheibe, zwei Stände 400 Schritte; Feld-Festscheibe 400 Schritte; Ring-Preisscheibe 400 Schritte; Standscheibe, zwei Stände, 200 Schritte; Stand-Festscheibe 200 Schritte; Ring-Preisscheibe 200 Schritte; Landesscheibe, zwei Stände, 150 Schritte. (Sechs Preise für Tiefschüsse, zwei Kreisbeste, zwei Brennerbeste); Laufscheibe, 120 Schritte, Trefferfeld 20 Zentimeter Durchmesser; sechs Tiefschuss-, zwei Kreis- und zwei Brennerbeste.

Der Beginn des Schießens wird an sämtlichen Schießtagen durch einen Kanonenschuss, das Ende des Schießens durch zwei in einer Pause von fünfzehn Minuten auf einander folgende Kanonenschüsse angezeigt. Für den Fall ungünstiger Witterung bleibt die Verlängerung des Schießens vorbehalten.

Die Preisverteilung findet am 20. Juni statt.

***

Gestern abends wurde in Schreiner`s Konzert-Saal (Hotel Daniel) Empfangsabend gehalten, auf dem die Militär-Musik-Kapelle Erzherzog Ernst sich in ihren Rufe prächtig bewährte. Der „Steirische Bundesschützen-Marsch“, aus Volksliedern komponiert, fand namentlich rauschenden Beifall. Bis gestern wurden 200 Festkarten ausgegeben.

Nach der Heimkehr von der festlichen Eröffnung beehrte Se. Kais. Hoh. Herr Erzherzog Rainer Se. Exc. den Herrn Statthalter Freiherrn v. Kübeck mit Höchstseinem Besuche. In den Nachmittagsstunden fand im „Hotel Elephant“ ein Diner statt. Die Abreise Sr. Kais. Hoheit nach Wien erfolgte mit dem Eilzuge.

Grazer Volksblatt, 15. Juni 1882, Archiv ÖNB/ANNO

Wiener Zeitung, 16. Juni, 1882, Archiv ÖNB/ANNO

Eröffnung der neuen Landes-Hauptschießstätte

Gestern vormittags wurde mit dem zweiten steiermärkischen Bundes- und Freischießen zugleich die neuerbaute Landes-Hauptschießstätte in feierlicher Weise eröffnet. Nahe der Gemeindegrenze erhob sich ein mit Festons, Fahnen und Wappen geschmückter Triumphbogen, der in seiner Aufschrift die Schützen Namens der Gemeinde Andritz willkommenhieß. Die eigentliche Schießstätte prangte in bunter Flaggenzier, und vom Giebel wallte das schwarzgelbe Banner. Beiderseits des Weges waren im Freien und unter Zelten Schänken improvisiert, im Vorgarten der Schießstätte war die Kapelle des Infanterieregiments Erzherzog Ernst platziert und in einer Reihe von Equipagen kamen die geladenen Festgäste angefahren. Die Halle selbst, die Winter-Schießstätte, das Schützenzimmer, kurz alle Räumlichkeiten zeigten sich eben so geschmackvoll als entsprechend ausgestattet. In der Vorhalle sieht man an den Wänden auf drei Marmortafeln die kurze Geschichte der Gründung dieses Hauses und die Namen der Gründer, obenan den Sr. Majestät des Kaisers. An den Wänden sind die Scheiben in chronologischer Ordnung angebracht, die älteste datiert vom Jahre 1795. An der Wand links vom Eingange stehen unter einem Baldachin die Portraitbüßten Sr. Majestät des Kaisers und Ihrer k. und k. Hoheiten des durchlauchtigen Kronprinzen Erzherzogs Rudolf und weiland des Erzherzog Johann.

Als Se. k. und k. Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Rainer, begleitet von Sr. Exzellenz dem Herrn Statthalter Freiherr von Kübeck, die Gemeindegrenze erreicht hatte, erdröhnten Pöllerschüsse, und unter den Klängen der von der Militär-Musikkapelle gespielten Volkshymne führen die höchsten Herrschaften in den Vorgarten, wo sie von den Mitgliedern des Fest-Komitees empfangen und in den Festsaal geleitet wurden. Schützen bildeten beiderseits der Treppe Spalier.

Im Saale begrüßte Sr. k. und k. Hoheit zuerst die Frau Gräfin Anna Meran, dann Se. kön. Hoheit den Prinzen Alfonso und die anderen hervorragenden Festgäste; als solche beehrten die Eröffnung des Bundesschießens mit ihrer Anwesenheit Ihrer Exzellenzen Herr Graf Meran, FZM. Freiherr von Kuhn, Landeshauptmann Dr. M. von Kaiserfeld und Oberlandesgerichtspräsident Dr. Ritter von Waser, FML. Graf Messey, FML Müller, GM. Freiherr Lenk von Wolfsberg, GM. Freiherr von Urban, GM. von Ballentsits, die Herren Oberste und zahlreiche Stabs- und Offiziere der hiesigen Garnison. Herr Oberschützenmeister Hubmaier begrüßte die Festgäste und die Schützen in der ersten Landes-Schießstätte und brachte auf Se. Majestät den Kaiser ein dreifaches Hoch aus, in welches die Versammelten begeistert einstimmten, während im Vorgarten der Volkshymne ertönte und auf den Hügeln Pöller abgefeuert wurden.

Nun ergriff Herr Dr. Ritter von Labitschburg das Wort und gedachte der Schützenfahne, welche im Jahre 1862 beim Schützenfeste in Frankfurt geflattert. Jetzt ist sie die Fahne des steiermärkischen Schützenbundes geworden, denn die hochgeborene Frau Gräfin von Meran schmückt sie mit einem von ihr gespendeten und mit einem von der Frauen von Graz gewidmeten prachtwollen Bande. Redner bittet die Frau Gräfin, das Band der Fahne anzufügen, und nachdem dies geschehen, gab Herr Dr. Ritter von Labitschburg eine kurze Geschichte der Grazer Schießstätte, deren jede bisher der Stadterweiterung weichen musste.

Schließlich hat er, Se. k. und k. Hoheit wolle die Gnade haben, das erste Blatt in dem Gedenkbuche dieser Schießstätte zu unterzeichnen und das Schießen für eröffnet zu erklären.

Der durchlauchtigste Herr Erzherzog entsprach dieser Bitte und gab dem Wunsche Ausdruck, der Schützenverein möge wachsen und gedeihen und die Pflege des Schützenwesens ersprießlich fein dem Wohle des Landes. Nach dem durchlauchtigsten Herrn Erzherzoge unterzeichneten die Denkschrift in folgende Reihe: Se. kön. Hoheit Prinz Alfonso, Frau Gräfin Meran, Se. Exzellenz Herr Statthalter Freiherr von Kübeck, Se. Exzellenz FZM. Freiherr von Kuhn, Se. Exzellenz Herr Landeshauptmann Dr. M. von Kaiserfeld, Se. Exzellenz Herr Oberlandesgerichtspräsident Dr. Ritter von Waser, Dr. Kienzl, FML. Graf Messey, Regierungsrat Barthel, Bezirkshauptmann Dr. Lautner, die Herren Generale und andere hervorragende Festgäste.

Nachdem noch der Männergesangsverein einen für diesen festlichen Anlass komponierten Chor gesungen, war der offizielle Teil der Eröffnungsfeier beendigt, und die Herrschaften haben sich nun die Räumlichkeiten der Schießstätte, während es in der Schießständen schon lebendig wurde, und nachdem Se. Exzellenz Herr Graf Meran die ersten Schüsse abgegeben, wurde bald aus allen Ständen auf alle Scheiben ein lebhaftes Feuer eröffnet.

Im Vorgarten sind in einem Pavillon die Schützenbeste aufgestellt. Die 20- und 20-Dukaten-Beste Sr. Majestät des Kaisers, eines als Ehrengabe für den besten Schuss auf die Scheibe „Kaiser“, das andere auf die Scheibe „Kronprinz“ bestimmt; die Ehrengaben von 30 und 20 Dukaten der steiermärkischen Landschaft; die Ehrengaben der Gemeinde Graz mit 30 und 20 Dukaten auf die Scheibe „Graz“ liegen in Bildrahmen auf Samt auf; ein Best von zweiten Winterkränzchen ist eine Hundert-Gulden-Note unter Glas und Rahmen; ein zweites Best vom Winterkränzchen besteht aus geschmackvollen Bronzebecken, in dem 50 Silbergulden liegen. Sehr schöne Beste sind ein Bierservice, dann eine Ehrengabe des Schützenbundes, eine prächtige Basenlampe mit dem Figuren Rhein und Donau, ein Silberbecher usw.

Nachmittags 1 1/2 Uhr fand bei Sr. k. und k. Hoheit dem durchlauchtigsten Herrn Herzog Rainer ein Diner statt, zu welchem Se. kön. Hoheit der G. d. C. Erzherzog Alexander von Württemberg, der Statthalter, der Landeshauptmann, der Landeskommandierende, die Generalität, der Bürgermeister und die Schützenvorstände geladen waren. Um 4 Uhr 35 Minuten erfolgte die Abfahrt Se. k. und k. Hoheit nach Wien. Se. k. und k. Hoheit nahm von den auf dem Bahnhofe versammelten Herren freundlichst Abschied und wurde von dem zahlreich versammelten Publikum auf das ehrerbietigste begrüßt. (Gr. Mgp.)

Wiener Zeitung, 16. Juni, 1882, Archiv ÖNB/ANNO

Abkürzungen:

FZM = Feldzeugmeister

FML = Feldmarschallleutnant

GM = Generalmajor

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